Annie Heger

Das Dorfgemeinschaftshaus war zur Veranstaltung des Heimatvereins bis auf den letzten Platz gefüllt. „Hochdeutsch kann jeder norddeutsche Dösbaddel schnacken“, bemerkte die Kulturbeauftragte des Heimatvereins Platjenwerbe, Doris Jahns-Pregler, „aber Plattdütsch, dat könt nur Plietsche“. „Wi freut us bannig, dat so veel Lüe kamen sünd“, so Hannelore Teute aus dem Vorstand des Heimatvereins. Das beweise, dass es viel Interesse an der plattdeutschen Sprache gebe.

Annie Heger kam temperamentvoll im Matrosenlook auf die Bühne. Einige Gäste hörten die ostfriesische Künstlerin schon in der plattdeutschen Radiosendung des NDR1 „Hör mal ‘n beten to“. Sie erkundigte sich, wer plattdeutsch sprechen oder wenigstens verstehen könne, das waren die meisten Gäste. Für die „hochdeutsche Randgruppe“ kündigte sie ein Lied an, ein einsilbiges „La-la-la“. Drei Musiker der Band Triplepack, Matthias Monka (E-Piano), Ralf Bartels (Schlagwerk) und Ralf Marckardt (Bass), begleiteten das musikalische Kabarett mit flottem Pop, Rock und Boogie Woogie-Rhythmen.

Ein Stück Zuhause

Die plattdeutsche Sprache ist für Annie Heger ein Stück Zuhause. Aber sie versuchte, ihr ostfriesisches Platt zu „entschärfen“, um es der hier vertrauten plattdeutschen Dialekt anzupassen. Mit pechschwarzen Haaren war sie vor über 30 Jahren auf die Welt gekommen. „Mit swatte Hoor fallst du in Ostfreesland op, watt’n Skandaal im blonden Ostfreesland!”. Das ist auch das Motto ihres Musikkabaretts. Schon früh war klar: „Blütenkönigin in Wiesmoor kannst du nie werden“. „Wi weern söben Kinner to Hus“, erfuhr das Publikum. Die gebürtige Ostfriesin erzählte von ihrer Familie, von Opa, dem sie überall hin folgte, und vom Vater, ein leidenschaftlicher Trompeter, der sie als Baby in den Trompetenkoffer legte. „Da bin ich wohl musikalisch geworden.“

Kostproben ihrer klangvollen Stimme präsentierte Annie Heger zwischen ihren Heimatstorys. Texte und Melodien schrieb sie fast alle selbst. Unter anderem erklang „Wenn de Harfstwind weiht bün ick bi di“ nach der Melodie „Brigde Over Troubled Water“ von Paul Simon. Einige Lieder sang sie im Duett mit Matthias Monka, der das Publikum auch als Solist mit Stimme und schnellen Griffen auf dem Piano begeisterte. Alle drei Musiker beeindruckten die Gäste im Dorfgemeinschaftshaus mit ihrer vielfältigen Virtuosität zur Liedbegleitung.

Annie Heger lud ihr Publikum zum Mitsingen des bekannten plattdeutschen Volksliedes „Dat du mien leevsten büst“ ein. Und sie war erstaunt, wie viele Stimmen lautstark mitsangen.

Nach einer Pause erschien die gebürtige Ostfriesin im kleinen schwarzen, eleganten Minikleid auf der Bühne: „Nun folgt das ostfriesische Feuer“, kündigte sie an. Die drei Musiker erschienen im Blues-Brother-Look mit schwarzen Hüten und dunklen Sonnenbrillen. Es folgten melancholische Lieder und Gedichte. Eine Geschichte vom roten Luftballon, der in DDR-Zeiten im Grenzgebiet landete und unter Lebensgefahr von einer Mutter geborgen wurde, ein langes Gedicht „Wir sind eine Menschheit ohne Nation, eine Wahrheit ohne Religion“ folgte als Rap-Gesang. Annie Heger machte deutlich, „das geht auch auf Platt, nicht nur Döntjes“. Sie appellierte an ihr Publikum: “Singt mit euren Kindern plattdeutsch, dass Plattdeutsch nicht ausstirbt.”

Am Ende verabschiedete sich die plietsche Deern aus Ostfriesland mit dem Abendlied von Matthias Claudius „Der Mond ist aufgegangen“, eine Cousine übersetzte es für sie ins Plattdeutsche. Annie Heger gab noch Autogramme und kam mit ihren Gästen ins Gespräch. Wer zu Hause noch mehr von ihr hören wollte, erwarb eine CD.