Reise: Vulkaneifel und Ahrtal
Erste Station der Reise war ein gotisches Weltkulturerbe-Denkmal, der Kölner Dom, der mit seinen beeindruckenden Dimensionen, seiner bewegten langen Geschichte und der einzigartigen Gestaltung
großes Interesse bei den Teilnehmern fand. Eine geplante Altstadtbesichtigung musste auf Grund starken Regens in einen Streifzug geändert werden, aber bei Ankunft im Hotel in Altenahr schien
bereits wieder die Sonne.
Am nächsten Tag führte eine ortsansässige, kenntnisreiche und fröhliche Reiseleiterin nach Mendig zum deutschen Vulkanmuseum, dem „Lavadome“ – mit einer Zeitreise in die Erdgeschichte, in der der
Atem der Vulkane zu spüren war, allerdings ohne sich die Finger zu verbrennen. Gezeigt wird dort hautnah eine spektakuläre, computer-gesteuerte Show über zwei Vulkanausbrüche in der Eifel vor
etwa 200.000 und am Laacher See vor 12.900 Jahren. Abgerundet wurde das Bild von vielen Experimentalstationen, die auch Kinder begeistern können.
In direkter Nachbarschaft befindet sich der Lavakeller, ein von Menschenhand geschaffener historischer Felsenkeller mit einer Fläche von nahezu 3 km³ in einer Tiefe von 32 m. Bei Ausbruch der
Vulkane wurde das Land mit Glut und Asche bedeckt – ein Unglück, welches sich in späteren Jahren zu einem wichtigen Broterwerb entwickelte. Aus der kostbaren schwarzen Basaltlava wurden
Mühlsteine angefertigt und Mitte des 19. Jahrhunderts dienten die dabei entstandenen unterirdischen Räume als Lagerraum für das von den 28 Mendiger Brauereien hergestellte Bier, da hier eine
konstante Temperatur von 6-9° C herrschte, in der das Bier hervorragend lagern konnte.
Bei dem bereits erwähnten starken Erdbeben In der Eifel bildete sich der Laacher See – ein Einbruchkrater, der nach Entleeren der Magnakammer unterhalb des Vulkankegels durch einen Einsturz
entstanden ist. In unmittelbarer Nähe befindet sich die mittelalterliche Klosteranlage „Maria Laach“, die zwischen 1093 und 1216 als Stiftung des Pfalzgrafen Heinrich II. von Laach und seiner
Ehefrau Adelheid gegründet wurde. In der Abtei leben die Mönche des Benediktinerordens, die nach dem Motto „Ora et labora et lege“ (lateinisch: Bete und arbeite und lies“) die Anlage als
landwirtschaftlichen Biohof betreiben, von den erwirtschafteten Produkten leben und sie auch vor Ort in einem Bioladen und einer Gärtnerei vermarkten. Weiterhin werden verschiedene
Handwerksbetriebe wie Glockengießerei, Kunstschmiede und Schreinerei, sowie touristische Einrichtungen unterhalten. Die sechstürmige Klosterkirche ist eine gewölbte Pfeilerbasilika und gilt als
eines der schönsten Denkmäler der romanischen Baukunst, da sie von späteren Umbauten fast völlig verschont geblieben ist.
In der Nähe von Mayen, auf einem Felssporn im Nettetal, besichtigte die Gruppe das Schloss Bürresheim, eine der wenigen Wehrburganlagen in der Eifel, die niemals erobert oder verwüstet
wurden und auch die Folgen der französischen Revolution unbeschadet überstehen konnten. Erbaut wurden etwa im 12. Jahrhundert ursprünglich zwei völlig eigenständige, verschieden große Burgen –
benannt nach ihren Lehnsherren in die „Kölner Burg“, die bereits im 17. Jahrhundert nur noch als Wirtschaftshof genutzt wurde, und die „Trierer Burg“, die sich durch An- und Umbauten zu einem
prächtigen Wohnschloss entwickelte. Hier finden sich neben der Küche mit einem riesigen Kamin ein herrschaftliches Schlafgemach, ein Ritter- und Ahnensaal, eine Familienkapelle sowie ein
Musikzimmer – und alle Räume sind mit dem über Generationen kontinuierlich angesammelten Schlossinventar ausgestattet. Selbst die Fensterscheiben stammen teilweise noch aus dem 13. Jahrhundert,
gefertigt in der Abtei Maria Laach. Seit dem 15. bis Anfang 20. Jahrhundert lebte hier die Familie Breidbach-Bürresheim und konnte die Geschicke maßgeblich bestimmen. Heute bietet das Schloss
Bürresheim nicht nur ein lohnendes Ausflugsziel oder einen Veranstaltungsort für regionale kulturelle Ereignisse – es kann in diesem wunderschönen Rahmen auch standesamtlich oder kirchlich
geheiratet werden.
Am 3. Tag erkundeten die Platjenwerber den Kurort Bad Neuenahr mit Spielcasino, Kurhaus und seinem blumenreichen, sehr gepflegten Kurpark und stärkten sich mit einem Heilquellen-Trunk aus
dem Apollinarisbrunnen, dessen kohlensäure- und eisenhaltige Quelle 1852 von dem Winzer Georg Kreuzberg entdeckt wurde. Auch eine Stadtführung durch den wunderschönen Ort Altenweiler begeisterte
die Gruppe. Die alte Stadtmauer mit ihren vier Wehrtürmen ist noch komplett erhalten, alle Häuser, die zum großen Teil während des zweiten Weltkrieges durch Bomben zerstört wurden, sind im alten
Stil mit Fachwerk, kleinen Fenstern und Wandmalereien originalgetreu wieder aufgebaut worden.
Krasses Erstaunen erfüllte die Heimatfreunde, als sie zur „Dokumentationsstätte Regierungsbunker im Ahrtal“ kamen – einem der am besten gehüteten Geheimnisse der Bundesrepublik bis Ende der
90er Jahre. An keinem zweiten Bauwerk lässt sich der historische Wandel in der jüngsten deutschen Geschichte vom „Kalten Krieg“ zum politisch geeinten Europa besser nachvollziehen als an dem tief
im Ahrgebirge gelegenen ehemaligen Regierungsbunker – im Amtsdeutsch der „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung von deren
Funktionstüchtigkeit“.
Es soll versucht werden, die wirklich interessante Geschichte dieser Bunkeranlage kurz darzustellen. Die Ausgangsbasis bildeten zwei Tunnel einer unvollendeten Strecke der Deutschen
Reichsbahn, die die großen Industrieräume Kohlerevier an der Ruhr und Eisenerze aus Elsass-Lothringen, das seit 1871 zum Deutschen Reich gehörte, verbinden sollte. 1904 begann man mit der
Planung, am 28. Mai 1913 verabschiedete der Reichstag ein Anleihegesetz zur Bereithaltung von 32,3 Mio. Reichsmark im Staatshaushalt für den Bau der Strecke von Liblar nach Rech (Altenahr). Noch
vor Ende des I. Weltkrieges waren die geplanten fünf Tunnel betriebsfertig und im Herbst 1921 startete man den Bau der 150 m langen Brücke im Adenbachtal als Verbindungsteil .
Zwar verfügte 1923 die französische Militärverwaltung auf Grund von Reparationsforderungen einen Baustopp für die „Ruhr-Mosel-Entlastungsstrecke“, aber bereits nach Abzug der alliierten
Besatzer im Juli 1929 wurde weitergebaut – jedoch nur kurzfristig, 1930 wurde der Bau aus wirtschaftlichen Gründen endgültig eingestellt, durch Einführung der druckluftbetriebenen
„Kunze-Knorr-Bremse“ hatte die Geschwindigkeit der Güterzüge erheblich erhöht werden können und durch dichtere Zugfolge wurde die Kapazität gesteigert.
Die Eisenbahntunnel fielen in einen Dornröschenschlaf und lagen jahrelang verlassen da – bis man 1935 mit dem Aufbau von Champignon-Zuchtanlagen begann. Es wurde die
„Ahr-Edelpilz-Zuchtgenossenschaft m.b.H.“ gegründet und 1939 betrug die Anbaufläche 25.000 Quadratmeter und hatte sich damit zum größten Champignon-Betrieb in Deutschland entwickelt. Im Sommer
1943 musste der Betrieb eingestellt werden wegen des geplanten Umbaus der Tunnel für die Rüstungsindustrie, dem „Lager Rebstock“. Hergestellt wurden hier – unter Einsatz von KZ-Häftlingen und
Kriegsgefangenen – Raketenwagen, Feuerleitpanzer und Anhänger mit Abschussplattform oder für Kabeltrommeln. Der gegnerischen Spionageaufklärung blieb das Lager nicht lange verborgen und es gab
eine hohe Anzahl von Bombenabwürfen durch Kampfflugzeuge. Am 13. Dezember 1944 wurde das gesamte Lager geräumt und die Produktion aus Furcht vor anrückenden US-amerikanischen Truppen nach
Thüringen verlagert. Nach dem II. Weltkrieg sprengte die französische Militärverwaltung die Eingänge der mehr als 30 Jahre alten Eisenbahntunnel und auch im Innern gab es Detonationen. Vielleicht
lag es am guten Ahrburgunder-Wein, jedenfalls hatten die Sprengtechniker nicht besonders sorgfältig gearbeitet, denn ab 1953 konnte das drei Jahre zuvor gegründete „Technische Hilfswerk (THW)
dort Übungen abhalten.
Bereits Anfang der 50er Jahren gab es Planungen im Kabinett Adenauer, einen geeigneten „befestigten Befehlsstand“ für Krisensituationen als Schutzraum für die wichtigsten Verfassungsorgane
der Bundesrepublik Deutschland in der Nähe von Bonn zu finden. Dies wurde nach Gründung der Bundeswehr und Wiederbewaffnung noch dringender, da sich die Sichtweise im Ost-West-Konflikt drastisch
änderte. Da waren die alten Eisenbahntunnel ein besonders gut geeignetes Objekt. Ende 1959 begannen unter strengster Geheimhaltung die ersten Vorbereitungen für den Ausbau – für Außenstehende
nicht sichtbar, da alle Stellen systematisch mit militärischen Tarnnetzen abgedeckt wurden. Die Verbindung zwischen dem Trotzenberg- und dem Kuxbergtunnel – bei der Erstellung für die Eisenbahn
als Brücke vorgesehen – erfolgte aus Geheimhaltungsgründen durch einen neuen unterirdischen Stollen, zu dem am jeweiligen Ende Fahrstühle 60 m tief in die Erde fuhren.
In Ahrweiler begannen die Arbeiten am 19. Januar 1962, beteiligt waren 20 namhafte deutsche Unternehmen, die sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen hatten. Zusätzlich zu dem
1,273 km langen Hauptstollen wurden Parallel- und Nebenstollen (Sanitäts- Technik- oder Fluchtstollen) gebaut, so dass sich eine Gesamtlänge von 8,1 km ergab. Außerdem wurde in die leicht oval
geformten Hauptstollen mit einer Gesamthöhe von 7,48 m und einer maximale Breite von 6,77 m eine Zwischendecke eingezogen, so dass im Untergeschoss Platz für 502 Büro- und Technikräume und im
Obergeschoss für 501 Schlaf- und Waschräume geschaffen werden konnten.
Der Zugang zur Anlage erfolgte über 25 Tonnen schwere Schleusentore, die innerhalb von 10 Sekunden verschlossen werden konnten. Unmittelbar dahinter befanden sich große
Dekontaminationsanlagen, in denen sich verseuchte Personen von ihren gefährlichen Verunreinigungen abduschen konnten. In allen 5 Bauteilen war die Versorgung mit den Hauptelementen Wasser, Luft,
Nahrung und Energie unabhängig von der Außenwelt gewährleistet, es gab sogar eine eigene Müllverbrennung.
Komplette Fertigstellung war 1971, eine Stollenanlage mit 17,336 Kilometer Gesamtlänge und 367.000 m³ umbautem Raum in 85 – 112 m Tiefe, aufgeteilt in 5 autarken Bauteilen, die einem bestimmten
Kreis von 3.000 Regierungsmitgliedern (ohne Angehörige) die Möglichkeit gab, 30 Tage im Krisenfall zu überleben. Insgesamt standen 936 Schlafräume, 897 Büro- und Konferenzräume (und ein
Plenarsaal), Großkantinen, Kommandozentralen, WDR-Sendestudio, Sanitärbereiche, Druckerei, Friseursalon, Brunnen und Zisternen zur Verfügung. Benutzt wurde die Anlage ab 1966 für NATO-Übungen und
es sollen inoffiziell alle deutschen Kanzler einmal während des „Kalten Krieges“ vor Ort gewesen ein, offiziell nur Ludwig Erhard.
Die Gesamtkosten werden auf 4,72 Mrd. DM geschätzt, die Betriebskosten auf jährlich 1,6 Mio. DM. So machte man sich ab 1990 Gedanken über die Zukunft der Anlage. Vor allem, als im 1996
vorgelegten Entwurf zum Bundeshaushalt des Folgejahres eine Summe von 25 Mio. DM für laufende Unterhaltskosten ausgewiesen war. Um die Ausrüstung technisch auf den neuesten Stand zu bringen,
wären rund 100 Mio. DM erforderlich gewesen und durch den Umzug der Regierung nach Berlin war die Entfernung von 650 km ohnehin im Ernstfall zu weit. Am 9. Dezember 1997 beschloss daher das
Bundeskabinett Kohl den „Ausweichsitz“ aufzugeben und die Anlage wurde öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben. Da jedoch kein Investor einen tragfähigen Finanzierungsvorschlag einreichte,
entschloss sich der Bund die Anlage zu entkernen und ganz zu schließen. Im August 2001 wurde mit dem aus ökologischen Gründen erforderlichen Rückbau begonnen – rund 8.000 LKW-Ladungen Material
mussten abtransportiert werden – die Gesamtkosten betrugen 16,4 Mio. Euro.
Während des Rückbaus in wirklich allerletzter Minute, im Juni 2006, wurde dennoch eine Lösung für einen dauerhaften Erhalt eines Teilstücks gefunden, um die historische Bedeutung der Anlage
sichtbar zu machen. Der Heimatverein Alt-Ahrweiler übernahm die Aufgabe, die museale Erhaltung zu übernehmen. So sind seit Eröffnung der „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“ noch 203 m der
Öffentlichkeit zugängig – und man kann einen Blick in den vollständig zurückgebauten Tunnel werfen. Die Länge dieses Berichtes – man mag sie verzeihen – deutet schon an, wie beeindruckend die
Besichtigung dieser Anlage war.
Erfrischend dann im strahlenden Sonnenschein der Rückweg ca. 3 km über den malerischen und wunderschöne Ausblicke bietenden Rotweinlehrpfad nach Walporzheim – mitten durch die Weinbergterrassen
und vorbei an den Rebstöcken unterschiedlicher Traubensorten. Der Abend wurde dann in fröhlicher Runde bei einem guten Essen und einer informativen Weinprobe mit erlesenen Ahr-Weinen im
historischen Gewölbekeller der 1868 gegründeten Winzergenossenschaft in Mayschoß verbracht.
Auf der Rückreise von Altenahr durch die Eifel und das Hohe Venn nach Monschau gab es wieder herrliche Ausblicke auf die Landschaft, die Wiesen, Weinberge, Wälder, Ortschaften mit kleinen Kirchen
und Fachwerkhäusern. Nach der Besichtigung einer Historischen Senfmühle, in der sich die Platjenwerber reichlich mit den verschiedensten Senfsorten eindecken konnten, wurde noch ein Streifzug
durch Monschau an der Rur gemacht. Ein schönes Städtchen, im 18. Jahrhundert reich geworden durch die Herstellung von feinem Tuch und die Verarbeitung von importierter, besonders guter Wolle, mit
vielen historischen Fachwerkhäusern, schmalen Gassen und die durch den Ort fließende Rur - ein Besuch lohnt auf jeden Fall.