Unsere erste KulT(o)ur ds. Js. nach Hildesheim und Celle

 

 

Mit den ersten frühen Sonnenstrahlen nach einem heftigen Regenschauer startete der Heimatverein Platjenwerbe e. V. am 29. Juni seine erste Kulturreise aus dem Sommerprogramm.

 

 Zunächst ging es in die bereits um das Jahr 1000 erwähnte Stadt Hildesheimund mit einer Stadtführung zu den verschiedenen sehens-werten historischen und rekonstruierten Bauwerken. Als am 22. März 1945 ein verheerender Bombenhagel auf Hildesheim gefallen war, verbunden mit einem zzerstörerischen Großbrand, waren nur noch 80 % der Gebäude vorhanden. Auf dem historischen Marktplatz stand nur das Rathaus, das Tempelhaus und der als Rolandsbrunnen bekannte Marktbrunnen.

 

Mehrere Bürgerinitiativen engagierten sich für den Wiederaufbau des Knochenhaueramts-hauses – das Gildehaus der Fleischer und ein Alt-Hildesheimer Symbol schlechthin. Die Chance dafür bot sich in den 1980er Jahren, als das Hotel Rose Konkurs anmeldete und die Hildesheimer Stadtsparkasse einen Neubau plante – beide hatten in der Nachkriegszeit schmucklose, funktionelle Häuser am Marktplatz positioniert. Während die übrigen Gebäude nur rekonstruierte Fassaden erhielten, wurde das Knochenhaueramtshaus im traditionellen Stil erbaut – mit 400 Kubikmeter Eichenholz und ca. 7.500 Holznägeln – auf dem gesamten Balkenwerk mit beeindruckenden Schnitzereien und detaillierten Malereien, und in der ursprünglichen, imposanten Höhe von 26 Metern. Zusammen mit dem Rathaus, dem Wedekindhaus und dem benachbartem Bäckeramtshaus hat die Stadt nicht nur einen historischen Marktplatz geschaffen, sondern auch eine staunend bewunderte Touristen-Attraktion.

 

Hildesheim liegt im Zentrum alter Handelswege, war ein Fürstentum und Bischofssitz, und auch nach der Reformation blieben die St. Michaeliskirche und der Dom katholische Diözese. Unter Bischof Bernward wurde Anfang des 11. Jahrhunderts der Bau der Michaeliskirche als Grabeskirche begonnen, der bei Schachtungsarbeiten aufgefundene Grundstein zeigt die Jahreszahl 1010. Besonders beeindruckend ist die Holzdecke aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts im Mittelschiff – in leuchtenden Farben wird der Stammbaum Christi gezeigt.

 

Der Dom wurde nach der Zerstörung im Krieg auf den alten Fundamenten im frühromanischen Stil aufgebaut. Durch Auslagerung sind glücklicherweise die sogenannte Bernwardstür, die Christussäule und eine Leuchterkrone aus dem frühen 11. Jahrhundert erhalten geblieben. Bei der Bernwardstür handelt es sich um eine zweiflügelige Bronzetür (Höhe 4,72 m, Breite 1,25 bzw. 1,145 m, Gewicht je 1,85 t), die jeweils in einem Stück gegossen wurde und einen reichen Figurenschmuck mit Szenen aus dem 1. Buch Mose (Schöpfung, Sündenfall, Brudermord aus dem alten Testament) und dem Leben Jesu Christi (Verkündigung, Leidensgeschichte, Auferstehung aus dem neuen Testament) einander gegenüberstellt. Als Ergänzung ist die Christussäule anzusehen, ebenfalls wird die Geschichte Jesu in spiralförmig sich aufwärts windenden Bilderfriesen dargestellt, beginnend mit der Jordantaufe und endend mit dem Einzug in Jerusalem.

 

In Celle führte natürlich der erste Weg zum ältesten Bauwerk dieser Stadt, dem Herzogschloss, eines der schönsten Welfenschlösser Norddeutschlands – eine Vierflügelanlage, die 1318 zum ersten Mal erwähnt wird und außen wie innen Stilelemente der Gotik, der Renaissance und des Barock zeigt. Beeindruckend auch die vielen Ölgemälde von Herzogen, Prinzen und Prinzessinnen des Hochadels und vergangener Dynastien, zu denen auch die Hohenzollern in Bremen gehörten. Erwähnt sei hier nur die Geschichte der englischen Princes of Wales Caroline Matilda, die 1751 als letztes von neun Kindern geboren und im Alter von 13 ½ Jahren mit dem zwei Jahre älteren dänisch-norwegischen König Christian VI verlobt und 1766 verheiratet wurde. Der junge König litt unter einer beginnenden Geisteskrankheit, vergnügte sich mit einer Geliebten und nahm von seiner jungen Frau kaum Notiz. 1768, im Alter von 16 Jahren, brachte sie ihr erstes Kind zur Welt, den späteren König von Dänemark und Norwegen Friedrich VI. Nach einer mehrjährigen Reise durch Europa mit Aufenthalten in Altona, Paris und London kehrte der König 1769 nach Kopenhagen zurück und brachte den Deutschen Johann Friedrich Struensee als seinen Leibarzt mit.

 

Struensee wurde 1737 in Halle geboren und schon mit 20 Jahren Armenarzt in Altona, wo er mit neuen, erfolgreichen Therapieformen vielen helfen konnte und damit einen großen Bekanntheitsgrad erreichte. In Kopenhagen stieg er innerhalb kurzer Zeit zum mächtigsten Mann im Staat auf, der durch zahlreiche Reformen – in knapp 2 Jahren sollen es 1.800 neue Gesetze und Erlasse gewesen sein - den dänischen Gesamtstaat zum fortschrittlichsten Staat seiner Zeit machte.

 

Mit der dänischen Königen Caroline Mathilde verband ihn zunächst eine Freundschaft, die sich schnell zu einem Liebesverhältnis entwickelte – zu damaliger Zeit ein Skandal. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war er der Vater der 1771 geborenen Prinzessen Louise Auguste von Dänemark, die aber vom dänischen König als sein Kind anerkannt wurde. Auch auf Grund seiner rigorosen Spar- und Personalpolitik hatte Struensee sich schnell Feinde am Hof gemacht und so wurde er bereits 1772 gestürzt und ohne Prozess wegen dieser Liaison, Hochverrat, Amtsanmaßung und Bereicherung schuldig gesprochen und hingerichtet. Die königliche Ehe wurde geschieden und Caroline Mathilde nach Celle verbannt, wo sie 1775 verstarb. Ihre Kinder wuchsen in Kopenhagen bei der Stiefmutter des Königs auf.

 

Nach dieser dramatischen Erzählung beeindruckte die anschließende Besichtigung der Ende 15. Jahrhundert erbauten gotischen Schlosskapelle umso mehr, konnte man sich doch vorstellen, wie Caroline Mathilde hier Trost und Kraft für Ihr Schicksal gesucht hat. Die Kapelle mit ihrer Renaissance-Ausstattung gehört zu den Höhepunkten norddeutscher Sakralkunst, die Gemälde stammen von dem flämischen Maler Marten de Vos und wurden 1568 angefertigt.

 

Bei der anschließenden Stadtbesichtigung der Celler Altstadt mit Kutschwagen erstaunte die Platjenwerber Heimatfreunde die Vielfalt und große Anzahl – es sollen mehr als 400 sein – historischer Fachwerkhäuser, größtenteils original aus den letzten Jahrhunderten oder liebevoll im gleichen Stil rekonstruiert. Es war eine interessante, informative und abwechslungsreiche Reise in die Vergangenheit und Gegenwart, von Brigitte Gerritsen und Detlef Kornmesser wieder hervorragend organisiert.

 

Zweitagestour ins Emsland und zu den holländischen Nachbarn

Schloss Clemenswerth, Bad Zwischenahn, Cloppenburg von Allie_Caulfield - originally posted to Flickr as 2006-04-18  016 Clemenswerth, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9460049
Schloss Clemenswerth, Bad Zwischenahn, Cloppenburg von Allie_Caulfield - originally posted to Flickr as 2006-04-18 016 Clemenswerth, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9460049

Am 14. Juli starteten 48 unserer Mitglieder die zweite sommerliche Kulturreise in das Emsland und nach Holland. Erste Station in der Nähe von Sögel war ein Weltkulturerbe, die Schlossanlage Clemenswerth – ein Jagdschloss des Kurfürsten Clemens August I. von Bayern (1700-1761). Von seinen Eltern für die geistliche Laufbahn bestimmt, studierte er in Rom Theologie und machte eine bewundernswerte Karriere als Fürstbischof von Münster, Paderborn, Hildesheim, Osnabrück und Erzbischof von Köln. Seine Leidenschaft galt den schönen Künsten und der Jagd, die ihn veranlasste, mehrere Jagdschlösser zu bauen und prachtvoll auszustatten. 

Die spätbarocke achteckige Anlage Clemenswerth wurde in der Zeit von 1737 bis 1747 in einem großen Waldgebiet nach den Plänen des Architekten Johann Conrad Schlaun erbaut, im Mittelpunkt das eigentliche Schloss mit einem imponierenden Eingangsbereich, einem Rundsaal mit Seidentapeten, Tapisserien, Möbeln und Gemälden der von Wittelsbach. Acht Pavillons mit Gästeräumen, Kirche, Kapuzinerkloster und Küche gruppieren sich im Kreis um das Schloss, sternförmig dazwischen Linden Alleen mit interessanten Sichtachsen sowie ein Klostergarten in Rabattengliederung mit einer historischen, wallartigen Taxushecke und einem Obstgarten, dessen Früchte gesaftet und im eigenen Museumsshop verkauft werden.


Bei einer Führung wurden die Platjenwerber in die damalige Kleider- und Haarmode eingeweiht – enggeschnürte, taillenbetonte, weitröckige Kleider mit üppigem Dekolltee für die Damen, Kniebundhosen, Wams und Schnallenschuhe für die Herren. Wasser wurde zu der Zeit als schädlich empfunden, man puderte sich lieber und setzte eine üppige Perücke auf und gegen Ungeziefer gab es kleine, hübsch verarbeitete Behälter mit „Lockmitteln“, die an den entsprechenden Stellen unter der Kleidung getragen wurden.

 

 

 

Nach einem gemeinsamen Mittagessen wurde die 1795 gegründete Meyer Werft GmbH & Co. KG – im Juni d. J. in zwei Stiftungen umgewandelt – in Papenburg besucht, die sich jetzt in siebter Generation in Familienbesitz befindet – eine achte wächst bereits heran. Ältester nachweislicher Vorfahre ist der Schiffszimmermann Heinrich Jansen, der mit seiner Familie um 1690 aus dem benachbarten Ort Völlen nach Papenburg kam, den Namen Meyer annahm und katholisch wurde. Sein Nachkomme, Willm Rolf Meyer (1763-1841) führte die direkt in Papenburg befindliche Werft für Holzschiffe mit ungefähr 15 Mitarbeitern von 1795 bis 1841, anschließend sein Sohn Franz Wilhelm. Gravierende Änderungen bahnten sich unter der Leitung von Joseph-Lambert Meyer an, der den Schiffbau in Amerika kennengelernt hatte und 1872 mit frischem Pioniergeist die Produktion auf Eisenschiffe mit Dampfmaschinenantrieb verlagerte und damit den Fortbestand der Werft sicherte, denn von 20 Papenburger Werften im Jahre 1860 überlebte nur die Meyer Werft. Die Papenburger Bürger waren skeptisch, Holz schwamm, ein eisernes Hufeisen versank in den Fluten – doch gegen alle Skepsis wurden 1873 drei Kohlenprähme gebaut und 1874 schließlich mit der Baunummer 4 das erste Passagierschiff TRITON für den Norddeutschen Lloyd.

 

Von historischer Bedeutung ist auch 1913 der Bau des Passagierdampfers GRAF GOETZEN, der – in Hunderte von Kisten verpackt – nach Daressalam verschifft und quer durch Tansania zum Tanganjikasee mitten in Ostafrika verladen wurde, wo es von Meyer Werft Mitarbeitern wieder zusammengebaut wurde. Um sie in den Kriegswirren 1917 vor den Engländern zu schützen, wurde sie kurzerhand versenkt, allerdings nachdem die Maschinenteile sorgfältig vorher eingefettet worden waren, nach dem Krieg wurde sie gehoben und schließlich 1951 über Nacht berühmt durch den Film „African Queen“. Jetzt fährt sie als LIEMBA immer noch täglich ihre Runden auf dem Tanganjikasee.

 

1975 wechselte die Werft ihren Standort in der Stadtmitte, zog an den Stadtrand von Papenburg und baute dort 1982 das erste Trockendock mit einer Größe von 240 m x 25 m. Aber bereits 1987 folgt eine überdachtes mit 270 m x 101 m und im Jahre 2002 das zweite überdachte Baudock in einer Länge von 384 m und einer Breite 125 m, welches 2009 um 120 m verlängert wurde und damit das größte überdachte Trockendock der Welt darstellt. Doch zurück zum Bau der legendären Kreuzfahrtschiffe.

 

Im April 1984 wagte die MEYER Werft mit der Baunummer 610 das scheinbar Unmögliche – den Bau eines Kreuzfahrtschiffes mit 42.000 BRT und damit größer als die EUROPA, in einer Rekordzeit von zwei Jahren. Es war der letzte klassische Stapellauf eines derart großen Schiffes auf der Werft, die HOMERIC lag gut 40 Meter vom Rand des Hafenbeckens entfernt, aber mittels eines ausgeklügelten Systems von Hydraulikpressen wurde der 16.000 Tonnen schwere Koloss Zentimeter für Zentimeter ans Wasser herangeschoben – wohlgemerkt quer zum Hafenbecken. Am 28. September 1985 um 11.30 Uhr glitt das Riesenschiff majestätisch ins Wasser, wurde ausgerüstet, Probe gefahren und trat am 5. Mai 1986 seine erste Reise mit Kurs New York an.

 

Es soll hier nicht auf die auf der Meyer Werft hergestellten vielen wunderschönen Kreuzfahrtschiffe der verschiedensten Reedereien eingegangen werden, sei es die AIDA Cruises, die Celebrity Cruises, Disney Cruise Line oder Norwegian Cruise Line, die Dream Cruises oder Royal Cruise Line oder die Holland Amerika Line und Mein Schiff, auch nicht auf die Flusskreuzfahrtschiffe – über alle Großprojekte und jede Überführung über die Ems, die millimetergenaue Passage durch die Sperrwerke wurde in den letzten Jahren ausführlich in der Presse berichtet. Und sicherlich ist auch bekannt, dass die letzten Kreuzfahrtschiffe für den neuen Markt China bestimmt sind und dem entsprechend anders ausgestaltet sein werden, einschließlich niedrigerer Deckenhöhe. In Papenburg werden nicht nur Ozeanriesen gebaut, sondern auch Fähr- und Forschungsschiffe, Gastanker für Russland oder Containerschiffe.

 

Aber zu erwähnen ist, dass die Meyer Werft seit mehr als 200 Jahren mit dem entsprechenden know-how und computergesteuerten Technologien Luxusliner baut, die allen Ansprüchen genügen. Davon kann man sich im Besucherzentrum der Werft und mit einem Blick in die große Fertigungshalle, in der neben dem jeweiligen in Bau befindlichen Schiff, zur Zeit die DREAM CRUISES, bereits die zweite Sektion (die erste liegt bereits an der Pier) für das nächste Schiff, die NORWEGIAN JOY,  gefertigt werden, eindrucksvoll überzeugen. Rund 3.300 Mitarbeiter lösen vielschichtige Aufgaben im modernen Schiffbau der Meyer Werft – kurzum – ein Besuch mit einer informativen und spannenden Führung durch das neu geschaffene Besucherzentrum mit Filmen, Dokumentationen und originalgetreuen Modellen im Maßstab 1 : 100, sowie  mit Blick auf das große Baudock ist unbedingt zu empfehlen – auf jeden Fall ist diese Weiterentwicklung der Fertigung im Sektions- und Blockbau auch interessant für ehemalige VULKAN Mitarbeiter aus Vegesack.

 

Eine anschließende Besichtigung per Bus in der aus einer Festung im 15. Jahrhundert entstandenen Stadt Papenburg, der ältesten und längsten Fehnkolonie (Moorkolonie) Deutschlands, zeigte sowohl die industrielle Entwicklung mit vielen Zulieferfirmen für die Meyer Werft, einem hübschen Stadtkern mit historischen Backsteinbauten, auch die landwirtschaftliche Nutzung hinter dem Emsdeich – die Hälfte aller in Deutschland gegessenen Gurken und 80 % der verschiedenen Topf-Kräuter auf deutschen Fensterbänken stammen von hier.

 

Nach einem guten Abendessen und Übernachtung in Sögel ging es am nächsten Morgen zu unseren niederländischen Nachbarn in die ehemalige Festung Bourtange in der Provinz Groningen, die im Grundriss ein regelmäßiges Fünfeck darstellt, an dessen Ecken sich Bastionen befinden. Wilhelm I. von Oranien begann 1580 mit der Errichtung der Festung, genau an einer Stelle, wo durch die umgebenden riesigen Moore und Sümpfe gerade zwei Ochsenkarren einander ausweichen konnten, um die von den Spaniern besetzte Stadt Groningen von der Außenwelt abschneiden und damit die Spanier vertreiben  zu können. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie mehrfach umgebaut, den neuen Kampfverhältnissen angepasst und in kriegsfreien Zeiten ließen sich immer mehr Bürger auf dem inneren Festungsgebiet nieder. 1851 wurde die Festung aufgegeben, die Wälle geschleift und das Dorf blühte auf, allerdings verließen nach dem zweiten Weltkrieg mehr und mehr Einwohner wegen fehlender Infrastruktur den Ort, so dass es 1960 kurz vor einer vollständigen Aufgabe stand.

 

Die zuständige Gemeinde Vlagtwedde entschloss sich daraufhin, die Festung zu retten und auf den Stand ihres größten Umfangs im Jahr 1742 zu bringen und als Museums- und Freizeitort, auch für Rad- und Grachtenfahrten, einzurichten. Die Festungsstadt ist von Wällen und Wassergräben umgeben, durch Zugbrücken und Wächterhäuschen geschützt und beherbergt typische zeitgenössische Wohnhäuser, Kirche und Mühlen. Im Mittelalter war das Umfeld der Festungsstadt ein ausgedehntes und unzugängliches Sumpfgelände, das Bourtanger Moor, und seit 2003 wird daran gearbeitet, diese zwischenzeitlich urbar gemachten Gebiete wieder zu vernässen, um einen noch authentischeren Zustand zu erhalten.

 

Am Nachmittag ging es nach Groningen, seit 1422 Hansestadt, ein blühendes Handelszentrum, in dem sich viele Kaufleute, die mit England und den Ostseeländern handelten, niederließen. Im Mittelalter wurde dort Gericht für die umliegenden Gebiete gehalten und sämtliches Getreide wurde hier auf der Kornbörse, die sich im eigentlichen Stadtkern um den Großen Markt und Fischmarkt befindet, zum Verkauf angeboten. Berühmt ist auch die Universität (gegründet 1614) von Groningen, noch heute erweitern mehr als 50.000 Studenten ihr Wissen in der altehrwürdigen und sehenswerten Rijksunmiversiteit in neun verschiedenen Fakultäten.

 

Der zweite Weltkrieg hat in Groningen tiefe Spuren hinterlassen, es gab eine blühende jüdische Gemeinde in der Folkingestraat, die Synagoge wurde nach den unterschiedlichsten Nutzungszwecken zwischenzeitlich renoviert. Weithin sichtbar ist der Kirchturm der Martinikirche – seine Höhe beträgt 97 Meter, von 1548 bis 1577 war er sogar 127 Meter hoch, und höhere Bauten wurden nicht erlaubt – zumindest in früheren Jahren. Die Orgel in der Kirche baute Arp Schnitger. Ebenfalls herausragend ist das 1994 eingeweihte Museum mit einem eigenwilligen Design und direkt am Wasser gegenüber vom Bahnhof gelegen. Gezeigt werden neben wechselnden Ausstellungen auch Exponate der Vor- und Frühgeschichte der Provinz Groningen und eine sehenswerte Sammlung chinesischen Porzellans.

 

Überrascht waren die Platjenwerber von der quirligen Lebendigkeit dieser Stadt, der Stadtkern ist autofrei und dementsprechend waren hier viele Fußgänger, mehr aber noch Radfahrer unterwegs. Groningen wurde 2013 zu einer der fahrradfreundlichsten Städte Europas ernannt, nur in Houten, Oldenburg, Münster, Kopenhagen und Leiden wird mehr Fahrrad gefahren. Wen wundert es da, dass der eine oder andere doch schnell zur Seite hüpfen musste, wenngleich die Radler rücksichtsvoll und bremsfreudig die Straßen querten – und das alles OHNE einen einzigen Fahrradhelm.  Einen wunderschönen Abschluss bildete eine Grachtenfahrt durch die Stadt, denn in Groningen treffen bedeutende Wasserwege aus allen Himmelsrichtungen aufeinander. Entzückende historische Backsteinhäuser wechselten sich ab mit hohen Lagerhäusern und angepassten Neubauten. Der Brückenwärter, der für das rechtzeitige Anheben der Hubbrücken zuständig war, hatte reichlich zu tun – natürlich war auch er mit dem Fahrrad von Brücke zu Brücke unterwegs.

 

Es war eine interessante und vielseitige Reise – auf dem Rückweg noch abgerundet mit einem vom Heimatverein spendierten Getränk und dem beliebten 3-Gänge-Menü (Bockwurst, Toastbrot und Senf) – hervorragend organisiert von Brigitte Gerritsen und Detlef Kornmesser.