Rückschau Fahrten 2014



Tagesfahrt zu den historischen Städten Wolfenbüttel und Königslutter

Bei strahlendem Sonnenschein fand  am Mittwoch, dem 18. Juni 2014, die erste Kulturreise aus dem Sommer-programm statt – hervorragend organisiert von Detlef Kornmesser und Brigitte Gerritsen. Die Tour führte in die alte Residenz­stadt Wolfenbüttel, wo zunächst eine Führung durch die 1881-1886 erbaute prunkvolle und beeindruckende „Herzog August Bibliothek“ erfolgte.
 
Die von Herzog August bereits in Hitzacker angelegte private Büchersammlung wurde 1644 nach Wolfenbüttel überführt und als er 1666 starb, umfasste sie mehr als 115 000 Schriften und war damit die größte Sammlung dieser Art in Europa. Sie blieb in sich geschlossen und bildet mit ihren überwiegend Pergamenteinbänden immer noch den prachtvollen Rahmen in der „Augusteerhalle“. Hier reihen sich über drei Ebenen die wertvollen alten Bücher aneinander, mit dabei die 1913 auf 4.300 Bände angewachsene Bibliothek der Universität Helmstedt, deren Anfänge auf das Jahr 1550 und den Herzog Julius zurückführen. Im angrenzenden Tresor befinden sich wahre Kostbarkeiten, unter anderem das fast 900 Jahre alte prunkvolle Evangeliar Heinrichs des Löwen – das 1983 im legendären Auktionshaus Sotheby‘s in London für 32,5 Mill. DM ersteigert wurde, seinerzeit das teuerste Buch der Welt. Die anschließende Stadtführung zeigte eine Altstadt mit vielen gut erhaltenen oder liebevoll restaurierten Fachwerkbauten, dem herzoglichen Schloss, dem Lessinghaus,  der Haupt- oder Marienkirche, Marktplatz und weiteren Sehenswürdigkeiten. Mit dem Bus ging es weiter über die deutsche Ferienroute Alpen-Nordsee nach Königslutter zum sogenannten „Kaiserdom“, dem Grabmal von Lothar III von Süpplingenburg, der von 1125 als König und ab 1133 bis zu seinem Tod 1137 als römisch-deutscher Kaiser über ein Reich regierte, das sich von der Nord- und Ostsee bis zum Mittelmeer erstreckte. Hervorzuheben sind bei diesem beeindruckenden Bauwerk  der interessante aber auch rätselhafte Jagdfries an der Außenseite, die Schönheit der Gewölbe von Chor und Querhaus und die prachtvollen Malereien, die bei einer Restauration zusammen mit der Kirchenausstattung unter Berücksichtigung historischer Denkmalpflege 1890 entstanden.
Beeindruckend auch die angeblich von Lothar III.  gepflanzte „König-Lothar-Linde“ mit einem Stammumfang  von 13 m, Höhe etwa 20 m und einer Baumkrone von etwa 26 m im Durchmesser und einem geschätzten Alter von 900 Jahren.
 
Die Ausstellung „Ihre Augen werden Ohren machen“ im Museum mechanischer Musik­instru­mente direkt neben dem Kaiserdom war ein abschließendes optisches und musikalisches „Highlight“. Wohl jeder kennt Spieldosen, Leierkästen und Jahrmarktorchestrien, aber kaum jemand weiß, wie vielseitig seinerzeit mechanische Musik im Alltag eingesetzt wurde. Ob in einem Berliner Salon von 1890 oder im Paris der 1920 Jahre, ob auf den Jahrmärkten oder auf den Straßen der Städte, ob in privaten Salons oder Vergnügungsetablissements oder als Stummfilmorgel im Kino des letzten Jahrhunderts – alle historischen Musikinstrumente sind liebevoll restauriert, funktionieren hervorragend und spiegeln den musikalischen Zeitgeist der verschiedenen Epochen wieder.  In dieser umfangreichen Sammlung mit 242 Objekten aus aller Welt über einen Zeitraum von 250 Jahren wurde nicht nur die gute alte Drehorgel gezeigt, sondern auch aufwändige Reproduktionsflügel, die bekannte Musicbox und kostbar verzierte Spieluhren aller Art. Eine Entdeckungsreise in die Welt der Musik – bevor Schallplatte, CD und Internet den Ton angaben – tatsächlich war bei den begeisterten Mitreisenden erkennbar, dass „die Ohren Augen gemacht haben ….“
 

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Heimatverein Platjenwerbe auf den Spuren Friedrich des Großen

Vom 28.-31. August führte der Heimatverein seine letzte Kulturreise des  Sommerprogramm 2014 durch – wieder hervorragend organisiert von Brigitte Gerritsen und Detlef  Kornmesser. 47 Vereinsmitglieder fuhren in die alte Residenzstadt Potsdam – seit 1990 UNESCO Welt Kulturerbe – und besuchten unter fachkundiger Führung in der näheren und weiteren Umgebung die Wirkungsstätten von Friedrich dem Großen und Theodor Fontane.
Erste Station war die in eine Seenlandschaft eingebettete Stadt Brandenburg an der Havel, mit dem Dom St. Peter und Paul und dem Rathaus, vor dem sich eine „Roland“-Statue befindet, und die romantische Insel Werder. Übernachtet wurde im 4*-Hotel Ascot-Bristol, das zwar etwas außerhalb von Potsdam liegt, in dem aber ein freundlicher Service, bequeme Betten und ein gutes Essen für einen mehr als gelungenen Ausgleich sorgten.Am Freitag stand Sanssouci im Brennpunkt der Unternehmungen. 1763-1769 ließ Friedrich der Große (Friedrich der II. oder der „alte Fritz“ aus dem Haus Hohenzollern, *1712 +1786) ein Gästehaus, das sogenannte Neue Palais, ein prächtiges und prunkvolles Barockschloss errichten. Dieser Prestigebau sollte nach dem günstig ausgegangenen Siebenjährigen Krieg den Mächtigen Europas die neue Rolle Preußens demonstrieren, denn Friedrich selbst nannte es eine „Fanfaronade“, d. h. Prahlerei. Erst von seinem Großneffen, Kaiser Wilhelm II, wurde es von 1888-1918 dauernd als Sommerresidenz genutzt. Beeindruckend sind die prächtige Gestaltung des Schlosses mit  vier Festsälen, Galerien, das Rokkokotheater und sage und schreibe 200 fürstlich ausgestatteten Zimmer, einschließlich der Königs- oder Friedrichswohnung und der zwei Fürstenquartiere für besonders wichtige Gäste und – nicht zu vergessen – die beeindruckende und wunderschöne Parkanlage.
Ein Spaziergang durch den Park mit seinem alten Baumbestand, den interessanten und immer wieder überraschenden Sichtachsen auf meisterlich gefertigte Statuen und Skulpturen, hübsche kleine Gebäude oder Springbrunnen führte – vorbei am Chinesischen Haus – zum Schloss selbst, dessen Räumlichkeiten in seiner kaum vorstellbaren Pracht die Platjenwerber Heimatfreunde faszinierte. Weiter ging die Tour in die Altstadt Potsdams mit dem Stadtschloss Potsdam, eine äußerliche Rekonstruktion des im Kriege zerstörten und abgetragenen Originals aus dem 17. Jahrhundert, eines der ältesten Siedlungsgebiete Potsdams – heute mit einem schlichten, funktionellen Innenausbau Sitz des Brandenburgischen Landtags.
Anlässlich der Bundesgartenschau in Potsdam 2001 hatte Günther Jauch mit weiteren Sponsoren durch Spenden das Fortunaportal originalgetreu wiederherstellen lassen und damit den „Stein ins Rollen“ gebracht für eine komplette Rekonstruktion. Bei der Besichtigung der gegenüber liegenden Nikolai-Kirche hatte die Reisegruppe das Glück, von Pfarrer i. R. Möhring, der früher seine Gemeinde in Ribbeck im Havelland hatte, eine persönliche Führung zu bekommen, in der viele interessante Details  die Heimatfreunde in Erstaunen versetzte. Er konnte aber nicht bewegt werden, die Originalfassung des Gedichtes von Theodor Fontane über den Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland vorzutragen. Anschließend ging es zu einem Sparziergang in das angrenzende Holländische Viertel, einem von 1734-1742 von Friedrich Wilhelm I erbauten einzigartigen Bauensemble von etwa 150 barocken Backsteinhäusern für holländische Handwerker, die beim Aufbau der Garnisonsstadt helfen sollten – die aber nie kamen. Heute ist es eine beliebte Einkaufsmeile mit vielen kleinen, individuellen Geschäften, Cafés und Bars, die ein buntes und zeitgemäßes Sortiment oder feine Spezialitäten anbieten.
Der Samstag begann mit einer Rundfahrt durch die Villenkolonie Altbabelsberg, vorbei am Filmpark Babelsberg, wo vor 100 Jahren die Klappe für „Der Totentanz“ mit Asta Nielsen in der Hauptrolle fiel und so klangvolle Namen wie Marlene Dietrich, Greta Garbo, Lilian Harvey oder Heinz Rühmann und Johannes Heesters an vergangene glanzvolle Zeiten erinnern. Und auch die von ihnen in Neubabelsberg bewohnten großen und kleinen Villen zeigen noch heute das Flair und stilvolle Leben vergangener Jahre. Glücklicherweise sind diese wunderschönen Bauten fast alle erhalten, wenngleich die Eigentumsverhältnisse oft noch nicht geklärt sind – viele Häuser hatten damals jüdische Besitzer. Umstritten sind auch die Durchgangsrechte am Ufer des Griebnitzsees, die neuen Eigentümer haben ihre Grundstücke bis direkt an den See, es hat sich jedoch eine Initiative gegründet, die einen „Uferweg“ für alle durchsetzen möchte – wie es bereits bei der sogenannten „Truman-Villa“, in der der amerikanische Präsident Harry S. Truman während der Verhandlungen zum Potsdamer Abkommen 1945 wohnte, der Fall ist.
Über die „Glienicker Brücke“, vor allem bekannt durch den spektakulär inszenierten Austausch mehrerer Agenten während des Kalten Krieges, ging es zur angrenzenden „Villa Schöningen“, 1843 im Auftrag von König Friedrich Wilhelm IV für den Hofmarschall Kurd Wolfgang von Schöning im italienischen Villenstil erbaut. Nach mehreren Besitzerwechseln und zunehmender Verwahrlosung nach 1945 wurde das Gebäude denkmalgerecht saniert und 2009 ein Museum mit wechselnden zeitgenössischen Kunstausstellungen eingerichtet. Außerdem werden Dokumente und Gegenstände der deutsch-deutschen Nachkriegs­geschichte gezeigt.

Interessant gestaltete sich der Spaziergang durch die russische Kolonie Alexandrowka im Norden von Potsdam, die König Friedrich Wilhelm III 1826 als bleibendes Denkmal zur Erinnerung an die Bande der Freundschaft zum russischen Zaren Alexander I gründen ließ. Zwölf Gehöfte im russischen Stil - Fachwerkhäuser mit vorgesetzten halbrunden Holzstämmen und Holz- oder Schieferschindeln und großem Gartenanteil mit unzähligen Obstbäumen wurden von den überlebenden 12 Sängern eines großen russischen Chores, der im Kampf gegen Napoleon für die Unterhaltung der preußischen Soldaten eingesetzt worden war, bewirtschaftet – vier davon sind noch heute im Familienbesitz.

Nach einer erquickenden Mittagspause in der Meierei wurde der ab 1787 von Friedrich Wilhelm II errichtete Neue Garten auf Schusters Rappen erkundet, ein über 100.000 qm großes Parkgelände, das an den Heiligen See und den Jungfernsee grenzt. Nach englischem Vorbild mit einzelnen Gartenpartien, geschmückt mit kleinen Architekturen, sollte der Garten den landschaftlichen Charakter freier Natur vermitteln. Gleichzeitig ließ Friedrich Wilhelm II, der einer Freimaurerloge angehörte, entsprechend einige Gebäude mit Bedeutungsinhalten der Freimaurer bauen – eine Schlossküche als halbversunkener Tempel, einen Eiskeller als Pyramide, eine gotische Bibliothek und eine Orangerie mit einem ägyptischen Portal, zwei Torhäusern im holländischen Baustil sowie einer Crystall- und Muschelgrotte direkt am Wasser.

Natürlich durfte auch ein neues Schloss für Friedrich Wilhelm II., dem Neffen des kinderlos gebliebenen Friedrich dem Großen, nicht fehlen – das Marmorpalais – ein zweigeschossiges frühklassizistisches Gebäude aus grauem und weißem schlesischen Marmor mit einem Rundtempel als Blickfang und einer großen Terrasse, von der seitliche Freitreppen bis an das Wasser des Heiligen Sees reichten. Der König unternahm gern ausgedehnte Bootsfahrten. 1961-1972 befand sich an dieser Stelle das Deutsche Armeemuseum mit Kriegsgerät, Uniformen und Zeitdokumenten. Allerdings wurde auch im Außenbereich Militärstärke demonstriert – hier fanden sich Kanonen, eine Selbstfahrlaffette, Panzer, Flugzeug-Abwehrrakete und sogar ein Jagdflugzeug und ein Schnellboot – glücklicherweise wurde das alles 1972 in das Deutsche Armeemuseum in Dresden verlegt. Im Neuen Garten ist außerdem der Cecilienhof erbaut worden, 1912 erteilte Kaiser Wilhelm II den Auftrag für den Bau eines neuen Palais für seinen Sohn, Kronprinz Wilhelm und dessen Gemahlin Cecilie aus dem Haus Mecklenburg-Schwerin – die Bausumme betrug 1.498.000 Mark. Weltgeschichtlich bedeutsam wurde dieses Backstein Gebäude mit Fachwerkelementen aus dunkler Eiche im Cottage-Stil durch die Potsdamer Konferenz – die Dreimächtekonferenz von Berlin – die dort vom 17. Juli bis 2. August 1945 mit Harry S. Truman, Josef Stalin und Winston Churchill stattfand.

Natürlich interessiert die Platjenwerber Heimatfreunde bei dieser Dominanz an preußischem Adelsblut auch die heutige Prominenz – gegenüber dem Marmorpalais befinden sich die Villen von Wolfgang Joop und direkt daneben von Günther Jauch, der in Berlin-Lichterfelde aufgewachsen und großzügiger Spender für wohltätige Zwecke und, wie schon erwähnt, den Wiederaufbau Potsdamer Denkmäler ist. Den Abschluss dieses ereignisreichen Tages bildete eine erholsame und wunderschöne Wannseerundfahrt mit der MS „Paretz“ .

Am Sonntag startete die Gesellschaft mit einer ausführlichen Rundfahrt durch unsere Bundeshauptstadt Berlin mit verschiedenen kleinen Ausflügen zu interessanten Sehenswürdigkeiten und einem gemeinsamen Mittagessen im Brauhaus Lemke am Hackeschen Markt. Auf dem Rückweg wurde aber noch ein lohnenswerter Abstecher zum Schloss Rheinsberg gemacht, das in malerischer Lage am Grienericksee in einem herrlichen Park liegt. 1734 kaufte der preußische König Friedrich Wilhelm I das bereits im 16. Jahrhundert erbaute Wasserschloss und schenkte es seinem Sohn, dem Kronprinzen Friedrich, späteren König Friedrich II (der Große), der dort mit seiner Frau Elisabeth Christine lebte – nach seinen Aussagen seine „glücklichsten Jahre“. 1745 wurde das Schloss umfangreich ausgebaut und erweitert. In der DDR-Zeit war im Schloss eine Diabetiker-Klinik untergebracht und eine Foto-Ausstellung zeigt die prunkvolle Einrichtung der Zimmer mit den kargen Krankenbetten, Waschbecken oder Untersuchungsgeräten. Auf diese Weise wurde aber viel der alten Substanz gerettet und Dank erfindungsreicher Restauratoren gelang es in den letzten Jahren, die originalen Raumdekorationen aus der Zeit um 1750 sowie die um 1786 unter Prinz Heinrich geschaffenen frühklassizistischen Raumfassungen zurückzugewinnen. Sie vermitteln gemeinsam mit den ebenfalls ausgestellten Gemälden und kunsthandwerklichen Objekten einen Eindruck von der Wohnkultur, dem Lebensgefühl und der Sammeltätigkeit der einstigen Besitzer. Das Resümee dieser Kulturreise auf den Spuren Friedrich des Großen war einhellige Begeisterung – nicht nur Kultur und Geschichte wurde vermittelt, sondern auch landschaftliche Schönheiten sorgten für Abwechslung und rundeten das Bild  harmonisch ab.